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Montreux Swing Session 1987
The Raymond Court / Peter Candiotto Quintet

Musiker: Raymond Court, tp - Jean Bionda, p - Jean-Yves Petiot, b - Alain Petitmermet, dr - Peter Candiotto, as, ss
 

Raymond Court: Der Supertrompeter aus Lausanne

* 2.12.1932 – † 3.März .2012

Der Lausanner Trompeter, der eine Lehre als Schreiner absolvierte, begann   mit 18 Jahren, Trompete zu spielen.               

Mit Raymond Droz am Zürcher Amateur Jazz Festival

Mit seinem Freund und Namensvetter, dem Posaunisten Raymond Droz, spielte er swingenden Dixieland-Jazz, gab dann aber später einem eher modernen Stil, Richtung Bebop, den Vorzug. Besonders die Fünfzigerjahre brachten am Zürcher Jazzfestival von André Berner viel Erfolg; Erste Preise in der Sparte «Trompete modern»; 1954 gewann er sogar den Preis als «absolut bester Solist».

Von Erfolg zu Erfolg

Ein früher Höhepunkt in Raymond Courts musikalischer Laufbahn war die Mitwirkung in der Combo des Tessiners Altsaxofonisten Flavio Ambrosetti zusammen mit George Gruntz am Piano und Erich Peter am Bass. Mit einer Kurt Weil-Formation spielte er in verschiedenen Ländern Europas, auch an einem Festival in Juen les Pins, wo er als bester europäischer Trompeter des Festivals ausgezeichnet wurde.

Zusammen mit Spitzenkönnern

Kein Wunder, dass ihn auch ein Spitzenkönner wie der französische Pianist Martial Solal in eine Allstarband mit Kenny Clarke holte. Anlässlich eines Aufenthaltes in USA traf Raymond Court seinen Freund George Gruntz.

Gruntz arbeitete an der Musik zu einem Film des Schweizer Schauspielers Hannes Schmidhauser (bekannt als Hauptdarsteller von Gotthelf-Filmen). Zur Ergänzung eines Sextettes für die Musik dieses Films, sein Titel «Mental Cruelty», fehlte noch ein Trompeter. Raymond fühlte sich angezogen von der Besonderheit dieser Aufgabe und komplettierte die Band, bestehend aus George Gruntz, Piano und Leader, Barney Wilen, Tenor- und Soprano-Sax, Marcel Peeters, Altosax und Flöte, K.T.Geier, Bass, und last but not least Kenny Clarke, Schlagzeug.

Als Amateur – und wieder als Profi

Bei all den illustren Namen, verbunden mit Raymond Courts Aktivitäten als Musiker, könnte man glauben, dass er sich durch seine künstlerischen Erfolge auch kommerziell auf einem interessanten Niveau etablierte. Das war durchwegs nicht der Fall. Als Court, wieder als Schreiner arbeitend, mit einem sicheren Monatseinkommen rechnen konnte, spielte er, wieder als Amateur, in Lausanne. Doch seit 1982 war er wieder Profi. Er war Mitglied der Red Hot Peppers, spielte aber auch mit Grössen des modernen Jazz, wie dem Tenorsaxofonisten Johnny Griffin oder den Pianisten Cedar Walton oder Kenny Drew.

20. Juli 1985 «Montreux Swing Session»

Mit viel Berechtigung hätte man die CD mit der SJO-Nummer 1533, eine Trouvaille unseres Archivs, auch «Montreux  Bebop Session » betiteln können. Was hier das Quintett Raymond Court - Peter Candiotto mit Jean Bionda am Piano, Jean-Yves Petiot am Bass und Alain Petitmermet am Schlagzeug bieten, ist reiner Bebop, wie ihn heutzutage Jazzmusiker zu spielen nur noch selten im Stande sind. Courts Soli, gekennzeichnet von einem Wechsel zwischen lyrischen und rasant gespielten Passagen, sind internationale Extraklasse, ebenso die Soli des Bassisten Jean-Yves Petiot. (Bitte beachten Sie unsere Einspielung des Quintettes: ein Jazz Samba «Fun» von Peter Candiotto und eine eigenwillige Version von Cole Porters «Love for Sale», als Up-Tempo-Nummer gespielt.)

Franz Biffiger schrieb am 3. März 2012 im Nachruf, Raymond Court sei ein schlechter Notenleser gewesen, er habe das Blattlesen gar nicht geliebt. Dazu ist zu sagen. Das Spiel in Kleinformationen ohne Noten ist im Jazz nichts Aussergewöhnliches. Wer die Struktur einer Nummer kennt, wird in den Soloteilen ohne Noten improvisieren. Unerlässlich ist das Notenlesen in Big Bands. Könnte sein, dass die Verdienstmöglichkeiten für den Trompeter Raymond Court zu eingeschränkt waren, um in grossen Orchestern gutes Geld zu verdienen, weil ihm das Noten-Manko im Wege stand.

Frühe und späte Sessions

Der Drummer und Buchautor Pierre Bouru erinnert sich an eine Jam Session, bei der Ende der Fünfzigerjahre der Schweizer Trompeter Raymond Court sich keineswegs hinter amerikanischen Koryphäen des Orchesters Quincy Jones, wie Phil Woods u.a., verstecken musste. Seine Soli waren es, die so richtig Schwung ins musikalische Meeting brachten. An gelegentlichen Sessions war Raymond Court auch später ein gerne gesehener Gast. Doch musste er aus Gründen der Gesundheit im Alter zurückstecken. Er starb am 3.3.2012 mit 80 Jahren in seiner Heimatstadt Lausanne.

 

                                                                                 Jimmy T. Schmid