Geburtstag im November

Eine Trouvaille unserer Sammlung:   Diese Eigenaufnahme des Drummers Rico Flad gelangte aus seinem Nachlass ins Archiv des SJO. Besetzung der Band von 1952 Siro Bianchi, Tenorsax, Kurt Weil, Vibrafon, Erich Büsser Piano, Ernie Büchi, Bass, Rico Flad, Drums.

Audio

Musiker:
Erich Büsser, p
Fritz Roth CH, cl, ss
Meinrad Rutschmann, el-b
Hanspeter Hugentobler, d, voc
Oliver Roth CH, fl

Erich Büsser - Der Jazz war immer dabei

17. November.1928 Uster,  24. Dezember 2015 Weinfelden

Der gebürtige Ustermer Erich Büsser war eines der wenigen Ausnahmetalente, die sich sowohl in der klassischen Musik als auch im Jazz wohlfühlten und Ausserordentliches geleistet haben. Auf der einen Seite professioneller Organist, Komponist (mit 50 eine Johannes-Passion!), Chorleiter und Musiklehrer in Weinfelden bis zu seiner Pensionierung 1993, auf der anderen Seite begeisterter Jazzpianist.

In den späten Vierzigern des letzten Jahrhunderts packte ich wöchentlich einmal meine Trommeln und Becken zusammen und fuhr mit dem Zug von Oerlikon nach Uster zu Erich Büsser, wo wir mit ein paar weiteren Jazzenthusiasten zusammen bemüht waren, in möglichst authentischer Manier Jazz zu spielen. Im März 2013 hatte ich endlich einmal Gelegenheit, Erich und seine Frau in ihrem Heim zusammen mit Fernand Schlumpf zu besuchen. Teile unseres angeregten Gespräches seien hier in Interviewform festgehalten.

Erich, wann hast du begonnen, Klavier zu spielen?
Ich war in der vierten Primarklasse. Meine Lehrerin, sie hiess Margrit Bachofen, war damals Organistin in der Reformierten Kirche Uster.

Wahrscheinlich hast du mit Fingerübungen und Etüden begonnen. Wie ging’s dann weiter?
Mit Bach, Mozart, Schumann usw. bis etwa zu den weniger schwierigen Stücken von Chopin.

Und wann kam der Jazz dazu?
Ich hatte einen Onkel, der Jazzfan war. Anfangs der Vierzigerjahre war es sehr schwierig, Jazznoten aufzutreiben. Er brachte von Paris mehrmals sogenannte Originaltranscriptions nach Hause von Teddy Wilson und Fats Waller. Damit hatte ich Gelegenheit, etwas Neues zu entdecken, das mich neben der Klassik ganz schön faszinierte.

Begegnungen mit Jazzmusikern. Was hat dir besonders Eindruck gemacht?
Im Rahmen des Jazzfestivals Zürich, anfangs der Fünfzigerjahre, lernte ich George Gruntz kennen. Ich war sehr von ihm beeindruckt. Er war es, der mir die Akkordfolgen der John Coltrane-Stücke erklären konnte. Bereits 1949 hatte ich aber eines der eindrücklichsten Jazzerlebnisse. Das war der Besuch des Pariser Jazzfestivals mit all den Grössen des Bebop wie Charlie Parker, Miles Davis, Ted Dameron, Max Roach usw. War ich bis dahin eher swingorientiert, wurden meine Jazzambitionen nun in eine neue, musikalisch unerhört interessante Richtung gelenkt.

Es scheint, dass sich die Entdeckung der Bebop-Melodik bei dir sehr nachhaltig ausgewirkt hat. Das zeigen die Stücke, die Du 2004 komponiert und mit einer Kleinformation aufgenommen hast. (Beachten Sie bitte unsere Musikbeispiele.) Ist dein favorisierter Pianist auch ein Original-Beboper?
Sicher. Nach wie vor betrachte ich Bud Powell als einen der ganz grossen Meister. Sein Ideenreichtum und seine stupende Technik. Kaum zu übertreffen.

Hast du eine Ausbildung zum Organisten als Kaufmännischer Angestellter berufsbegleitend absolviert?
Weitgehend schon. 1957 habe ich meine erste Stelle in der Kirche Heiden Im Appenzellerland angetreten. 1958 heiratete ich.

Gab es Konflikte zwischen deinem neuen Beruf und deiner Liebe zum Jazz?
Überhaupt nicht. In Heiden hatte ich das Glück, einen Tierarzt kennen zu lernen, der Jazzfan war und Trompete spielte. Schon bald frönten wir unserem Hobby gemeinsam und gründeten eine kleine Band. Zudem lernte ich Jazzfreunde aus St. Gallen kennen. 

Welche Band brachte dir beim Spielen das eindrücklichste musikalische Erlebnis?
Das war wohl die Band „New Sounds Erlenbach“, mit der wir jeweils beim Drummer Rico Flad in Erlenbach probten. Das Zusammenspiel mit dem Oltener Trompeter Umberto Arlatti, Siro Bianchi am Tenorsax, Kurt Weil am Vibrafon und Erich Peter am Bass war ein reines Vergnügen. Das merkten auch andere. Wir belegten am Zürcher Jazzfestival von André Berner 1952 in der Sparte „modern“ den ersten Rang. Bei Rico Flad zuhause konnte ich auch Berühmtheiten wie Duke Ellington, Don Redman, Glyn Paque und Hazy Osterwald kennen lernen. Das waren noch Zeiten!
                                                                                                                                                                                                 Jimmy T. Schmid