Audio

I hear you call*
‘Scuse me*

(Round House, « ‘Scuse me », 1971)

Perpetuum Brasiliensis*

(Kurt Weil & Vibes Revisited, « Late – But not too late »**, 1997, Kurt Weil, vib, Christoph Grab, sax, Stefan Stahel, p, Kalli Gerhards, b, Nick Liebmann, dr)

Minor Rumblings*

(Soskin McGaslin, « One »**, 2005)

Not just a Groove*

(Robi Weber, « Jazzy Groove, Groovy Jazz », 2003)

There will never be another you

(The New Trio, live im Jazzorama 12.12.2002, Kurt Weil, vib, Géo Voumard, p, Dominique Molliat, b)

* Komposition: Kurt S. Weil
**Produktion: Kurt S. Weil

Kurt S. Weil, * 06.01.1932, † Zürich, 12.12.2012

Vibraphon, Posaune, Piano, Schlagzeug

Archivdaten von Kurt S. Weil >>>

Weil erhielt von Kindheit an Klavierunterricht; später lernte er Schlagzeug und Posaune. Nach dem Handelsdiplom arbeitete Weil als Kaufmann, war aber daneben als Amateurmusiker tätig. 1952 wechselte er ins Lager der professionellen Musiker, als er im Tanzorchester von Rio de Gregori arbeitete. Mit dieser Band kam er erstmals nach Schweden, wo er bei Poul Hindberg spielte, sich 1955 niederließ und Mitglied der Jazzformation von Tenorsaxophonist Gunnar “Hacke” Björksten wurde. In dessen Band begleitete er amerikanische Musiker wie Stan Getz, Herbie Mann und Tony Scott. Die Band wurde 1956 mit dem Musicians-Poll 1956 als beste schwedische Jazzgruppe ausgezeichnet, zerbrach aber, als zwei ihrer Musiker zum Militärdienst einberufen wurden. Seit 1957 leitete Weil eigene Bands, in denen u. a. als Pianist George Gruntz, Francy Boland, Peter Jacques oder Cedar Walton und als Schlagzeuger Alex Bally, Daniel Humair, Charly Antolini oder Marc Hellman spielten. Er trat mit dieser Band in Skandinavien, Deutschland, Belgien, Frankreich, Italien, Oesterreich und in der Schweiz auf. Als Gastsolisten begleitete er Zoot Sims, Sonny Stitt, Benny Bailey und Sarah Vaughan. Zwei Jahre lang hatte er eine eigene Live-Jazz-Radiosendung beim schwedischen Radio. Mit seiner Gruppe Roundhouse spielte er ab Ende der 1960er Jahre Jazz-Rock. Er war an zahlreichen Einspielungen für Rundfunk und Plattenindustrie beteiligt.

1972 gab er die aktive Musikertätigkeit auf und ging als Promotion/A&R Manager zunächst zu Metronome Records, dann zu EMI Records Switzerland. Von 1977 bis 1980 leitete er eine eigene Musikproduktion; 1983 produzierte er eine Video-Serie mit Musikern wie Billy Cobham, Herbie Hancock, Ron Carter, Gil Evans und den Brecker Brothers. Zugleich war er drei Jahre lang Chefredakteur des Musikmagazins Music Scene. Bei Radio 24 hatte er acht Jahre lang eine eigene Jazzsendung. Von 1984 an baute er als europäischer Marketing-Direktor für das US-Plattenlabel GRP Records bis 1992 dessen Vertriebsnetz auf, dann war er beim Aufbau der TCB Music SA tätig. 1994 gründete er sein eigenes Musik-Consulting-Büro in Hegnau. Daneben lehrte er Musikgeschichte und Musikbusiness an der Academy of Contemporary Music in Zürich. Weil war Chefredakteur des Schweizer Jazzmagazins Jazz’n’more und schrieb für Jazzpublikationen wie den Down Beat. Seit der Jahrtausendwende trat er wieder vermehrt als Vibraphonist auf, u. a. in der eigenen Band Vibes Revisited sowie mit Géo Voumard und mit Robi Weber.

(Wikipedia)

Zürcher Bebop-Musiker der ersten Stunde: Kurt Weil, Vibraphonist

Musik erhält jung: Ganz diesem Motto entsprechend tritt Kurt Weil, der Tausendsassa des Zürcher Jazz-Musikbusiness, im Pensionsalter nicht in den Ruhestand. lm Gespräch mit Peter Bürli stellt er auf DRS2 seine neueste Produktion vor.

«Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an, mit 66 Jahren, da hat man Spass daran": Die bekannte Zeile des Udo-Jürgens-Schlager könnte man bestens als Leitspruch zu Kurt Weils jüngster Einspielung voransetzen. Denn nach 20jähriger Absenz meldet sich der 1932 geborene Vibraphonist und Posaunist Kurt Weil mit einer CD als aktiver Musiker zurück

45 abwechslungsreiche Jahre

Die vielbewegte Karriere des Zürcher Bebop-Musikers der ersten Stunde umspannt 45 abwechslungsreiche Jahre und hat manche Höhen und Tiefen durchwandert. In den 50er und 60er Jahren führte er sein professionelles Kurt Weil Sextett, in dem unter anderen George Gruntz, Daniel Humair, Cedar Walton, Benny Baily oder Zoot Sims mitwirkten.
Mit dem Ende seines Sextetts Anfang der 70er Jahre wechselte er vom ausübenden Musiker auf die Seite der Produzenten. Bevor er sein eigenes Label (Gnome Records) gründete, war er für EMI und CBS tätig, wirkte als Radiomacher bei Radio 24 und Radio Opus und hielt die Position eines Chefredaktors des Musikmagazins «Music Scene» inne.

«Easy Listening»-Jazzthemen

Doch nun - spät, aber nicht zu spät - gibt der Vielbeschäftigte ein CD-Comeback. Auf der CD „Late But Not Too Late“ präsentiert er sich als Komponist eingängiger «Easy Listening»-Jazzthemen, welche die Stilelemente des Latin- und modalen Jazz der 50er und 60er Jahre aufgreifen. Er nennt diese Epoche «die Blütezeit des Jazz» und erweist ihr zu Beginn des Tonträgers mit der Komposition "This Point – That Time» die Reverenz: «Meine Komposition lässt die modale Jazzmusik von Miles Davis aufleben. Aber ich fügte auch einen Zwischenteil hinzu, lediglich um zu verdeutlichen, dass damals nebst modalen Themen auch Kompositionen eines Horace Silver und Cannonball Adderley Geschichte machten », erklärt Weil, dessen Vorbild unverkennbar der Vibraphonist Milt Jackson ist.
Weniger perkussiv, als vielmehr fliessend wie ein Bläser kommt seine gebundene Spielweise in der Ballade „Not too late“ zum Tragen, wo er zusammen mit dem Saxophonisten Christoph Grab enorm viel Einfühlungsvermögen zeigt.
Nebst epochenstilistischen Anlehnungen macht er auch Reminiszenzen an prägende Jazzmusiker wie Miles Davis in „Miles to go» oder an altbekannte Standards. Sein «Someday my Prince will come“ versüsst er mit samtweichen Streicherklängen. Der Gedanke des schon x-fach gehörten, nett arrangierten Standards ist hier nicht wegzuwischen. Gespielt allerdings von einem zuverlässig agierenden Quintett. Dennoch: Reminiszenzen in der Kunst können würdigende Erinnerung an Vergangenes bedeuten.
Sie setzen sich aber gleichzeitig dem direkten Vergleich mit dem ursprünglichen Gegenstand aus, an dem Mass genommen wird. Die Kompositionen und Arrangements offenbaren keinen markanten, tiefgründigen Charakterzug oder etwas Eigenständiges, sondern bestätigen alte Hörgewohnheiten des Easy Listening-Jazz. Doch sie tun dies zumindest mit jugendlicher Frische und bereiten Freude, ganz getreu dem Wahlspruch: «...mit 66 Jahren, da hat man Spass daran".

(Jean-Pierre Reinle, Radiomagazin, Nr. 7/98) (Februar 1998)

Kurt Weil & Vibes Revisited

Soweit ich es beurteilen kann, hat Kurt Weil nie präpariertes Glockenspiel in einer Schweizer Hip-Hop Marching Band gespielt – aber das scheint eins der wenigen Musik-Engagements, die er nicht schon unternommen hat.
„You name it,“, sagt er, zurückblickend auf eine 45 Jahre dauernde Karriere, „I’ve done it.“
Als Posaunist, Vibraphonist, Komponist und Arrangeur leitete er eine Showband in Schweden, war A&R/Promotionsmann für einige Plattenfirmen, betrieb seinen eigenen Musikverlag, machte Aufnahmen mit einer Jazz-Rock Band, produzierte rund 50 Alben, war Jazz-Video-Produktionsassistent, arbeitete als Studiomusiker und war Discjockey für Radio 24 und Opus Radio. Von 1984 bis 1992 war er europaweiter Marketingleiter von GPS Records. Er komponierte auch Jingles und Filmmusik und arbeitete als Musikjournalist. Letztes Jahr lancierte er das neue Schweizer Magazin „Jazz“, dessen Herausgeber er ist. Ebenfalls ist er Lehrer für Musikgeschichte und Musikbusiness an der Akademie für Kontemporäre Musik in Zürich.
Aber Weils Hauptaugenmerk gilt momentan seinem Vibes Revisited Quintett, das auf diesem Album sein Aufnahmedebut gibt. Es ist Weils erste Aufnahme seit mehr als 20 Jahren und verdankt seine Existenz der Hartnäckigkeit des Schlagzeugers Nick Liebmann.
So sagt Kurt: „Woche für Woche bekam ich einen Anruf von Nick, der mich fragte, ob ich eine Band zusammenstellen und ein Album machen wolle. Also entschied ich letztendlich, die Herausforderung anzunehmen und versammelte Saxophonist Christoph Grab, Pianist Stephan Stahel und Bassist Kalli Gerhards – allesamt Musiklehrer. Wir kamen zusammen für eine Probe, spielten ein paar Standards, die wir alle genossen, und dann gingen wir in die Bar für einen Drink.
Für eine Weile sassen wir alle still am Tisch, und dann sagte Nick: ‚Wisst ihr, es wird nicht funktionieren. Es gibt schon zu viele Gruppen, die Standards spielen – was wir brauchen, ist ein Konzept.‘
Wir tranken unsere Drinks aus und gingen nach Hause. Ich fand mich damit ab, zu akzeptieren, dass das Aufnahme-Comeback von Kurt Weil zum völligen Stillstand gekommen war.
Doch drei Wochen später, als ich in meinem Büro sass und über die Situation nachdachte, entschied ich mich, nicht so einfach aufzugeben.
Also fing ich an, Musik zu komponieren. In meiner freien Zeit haute ich eine Komposition nach der anderen raus, und am Ende von sechs Monaten hatte ich 20 neue Stücke beieinander.
Dann berief ich die Jungs zusammen für eine Probe und sagte ihnen: ‚Ich habe ein Konzept.‘ Natürlich war es nicht wirklich ein Konzept – nur eine Zusammenstellung meiner Kompositionen, doch sie schienen diese nicht allzu teuflisch zu finden.“
Tatsächlich, wenn man hört, wie ‚tight‘ die Band zusammenspielt, während sie Weils Kompositionen interpretiert, ist es offensichtlich, dass Grab, Gerhards, Liebmann und Stahel die Musik voll und ganz stimulierend fanden.
Kurt Weil, der Leader, war über die Jahre in musikalischer Gesellschaft von ziemlich eindrücklichen Namen, inklusive Dizzy Reece, Stan Getz, Ake Persson, Lars Gullin, Donald Byrd, Don Menza, Herbie Mann and Zoot Sims – und er spielt das Vibraphon sehr im Stil seines Vorbildes, einem bestimmten Milton „Bags“ Jackson aus Detroit, Michigan.
Übrigens ist Kurt nicht sicher, ob er seinen Taufnamen zu Ehren seines Namensvetters Kurt Weill bekam – aber sein Vater kannte Weill bestimmt, während dieser in Zürich war. Sie pflegten zusammen Karten zu spielen.
Benny Golson erzählte mir einmal, dass er manchmal zehnmal länger brauchte, einen Titel für einen Song zu finden, als ihn zu komponieren. Aber ich habe den Eindruck, dass Titel sich leicht finden lassen für Weil, der eine Vorliebe hat für Variationen von existierenden Songtiteln – „Miles to go“ („Miles ahead“), „Blues Outside“ („Blues in the Closet“) und „Prince never came“ – das eine Fortsetzung ist von „Someday my Prince will come“, nicht etwa ein Stück über eine impotente königliche Hoheit.
Ich habe keine Ahnung, über welche zukünftige Herausforderungen dieser Hansdampf in allen Gassen zu kontemplieren mag – doch neulich sah ich ihn in einem Musikinstrumente-Laden, ein Second-Hand-Glockenspiel betrachtend.

(Mike Hennessey, Text für das CD-Booklet  von „Late – but not too late… », 1997. Übersetzt aus dem Englischen von Thomas Schärer)  

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Zusammengestellt von Thomas Schärer