Theo Zwicky, * 04.08.1927, † 01.12.2016

Mr. Jazz – Die Höngger Jazz-Legende

Geboren 1927, machte Theo Zwicky in jungen Jahren eine Ausbildung als Graphiker. Nach einer längeren Krankheit musste er 1949 zur Rekonvaleszenz nach Arosa, wo ihm seine Mutter für etwas Abwechslung ein Radio schenkte. Ein Schicksalsschlag, der sein Leben auf den Kopf stellen sollte: Über das Radio stiess Zwicky zufällig auf den Jazz, welcher ihn tief beeindruckte und eine grosse Leidenschaft entfachte. Fasziniert von dieser Musik machte sich Theo Zwicky auf die Suche nach Schellackplatten. Er interessierte sich dabei insbesondere für den «swingenden», afroamerikanischen Jazz aus der Geburtszeit des Musikstils zwischen 1922 und 1945. Bald musste er jedoch feststellen, dass die Schallplatten kaum auffindbar waren. Er entschied sich für die Eigenrecherche und begab sich auf die Reise. Vorerst nur nebenberuflich, fuhr er während seiner Ferien ins Ausland, um seine begehrten Schellacks einzukaufen. 

Enge Freundschaften und Weihnachtskarten

Nach einigen Jahren hängte Zwicky seinen Beruf als Graphiker an den Nagel und zog einen weltweiten Jazzplatten-Import auf. Dabei kaufte und sammelte er neben Schallplatten auch Fotos von Musikern und Jazz-Filme. So reiste Zwicky vermehrt ins Ausland, wo er die Musiker selbst traf, fotografierte und unmittelbar mit ihnen ins Gespräch kam. Aus diesen Treffen entstanden enge Freundschaften, aus welchen sich rege Briefwechsel entwickelten, welche heute ebenfalls zur Zwicky-Sammlung gehören. «Theo erhielt jährlich Weihnachtskarten von Musikern aus aller Welt», so Seidmann. Mit einer akribischen Genauigkeit untersuchte er die Platten, vervollständigte die Liste der Interpreten und katalogisierte sie. «Wenn wir an Jazzfestivals gingen, nahm Theo seine Alben voller Fotos mit, um die Musiker nach ihm unbekannten Gesichtern auf den Fotos zu fragen», erzählt Seidmann. Zwicky scheute keine Mühe und Aufgeben kam nie in Frage.

Plattenladen «Mr. Jazz» und weltweite Bekanntheit

In den 70er Jahren erweiterte Zwicky seine Tätigkeit und eröffnete einen Jazzplatten-Laden in der Zürcher Altstadt, den er nach seinem Spitznamen, «Mr. Jazz», taufte. Dieser entwickelte sich zum Mekka für Sammler von Schallplatten des klassischen Jazz. Zudem bemühte sich Zwicky, den afroamerikanischen, «swingenden» Jazz ins Radio zu bringen, indem er anfing, Radio- und Fernsehsendungen zu gestalten. Seine Sammlung und er selbst gewannen dadurch immer mehr an Bekanntheit, so dass die grossen europäischen Jazzmagazine zu ihm kamen, um sich seiner Sammlung von Fotos zu bedienen. Nebst seinem riesigen Plattenarchiv baute Zwicky auch ein umfangreiches Archiv an Fotos und Jazzfilmen auf.

Ein unermüdlicher Vermittler

Mit der Zeit wuchs in ihm das Bedürfnis, sein Wissen auch an die nächsten Generationen weiterzugeben, weshalb er anfing Vorträge zu halten, an denen er unter anderem seine gesammelten, amerikanischen Kurzmusikfilme, sogenannte «Soundies», vorstellte. Fünf Tage vor seinem Tod hielt Zwicky seinen letzten Vortrag. Obwohl Theo Zwicky nie ein Instrument spielen konnte, leistete er der Jazzwelt als Sammler einen unschätzbaren Dienst. Sein Lebenswerk startete 1947 und dauerte bis zu seinem Tod im Dezember 2016 an. Siebzig Jahre lang folgte er seiner Leidenschaft und sammelte, untersuchte und verbreitete Platten, Fotos und Filme aus dem klassischen Jazz. Dank seiner Person werden unzählige Persönlichkeiten in Erinnerung bleiben.

(Alessia Togni, Höngger, 16.08.2017)

Theo Zwicky obituary

My friend Theo Zwicky, who has died aged 89, was Europe’s best-known collector of jazz films and photographs. His archive, Mr Jazz Photo Files, in Zurich, was consulted extensively by magazine editors and jazz writers, myself included, when it came to finding rare illustrations for their books and articles.

Theo was born in Zurich, son of Elsa (nee Fuchs) and Fritz Zwicky, but, as a quite private person, never spoke of his early life. His focus in conversation or in print was always on his passion for jazz and its memorabilia. He amassed a treasure trove of jazz lore that was equalled only by that of Frank Driggs in the US. He was assiduous in tracking down rare and original photographs, often in his earlier years travelling to the US and befriending veteran musicians, who raided their scrapbooks and lent him their career images.

He was dedicated to ensuring that he identified everyone in photographs, often canvassing opinions from a variety of witnesses. He would bring obscure images to festivals and circulate them among fellow enthusiasts and musicians just to be sure. He amassed a formidable library of jazz on film, and he frequently put together special film recitals for jazz club members and societies. He also researched the lives and careers of selected bands of musicians and published a number of brilliantly detailed histories.

By profession Theo was a graphic designer who worked for a variety of Swiss companies, and this explained his meticulous grasp of detail and concern for image accuracy. He and I met well over 30 years ago, at the Nice jazz festival, keeping in touch and exchanging photographs over the years. Impatient for responses, Theo was often insistent – albeit that his demands were leavened with humour – expecting the same degree of dedication among all his contacts. We encountered each other earlier this year at the Ascona jazz festival and Theo told me in his unvarnished way that he had to contend with cancer and any number of other health problems. Even so, he still seemed upbeat and positive.

He is survived by his long-term companion, Marlyse Fanconi, his son, Daia, from an earlier relationship, and a grandson. His photographic collection has been left to the jazz archive in Eisenach, Germany, while his film collection is to be housed in the movie archive in Berne.

(Peter Vacher, The Guardian, 01.02.2017)

Weiterführende Texte

Interview mit Theo Zwicky, Jimmy T. Schmid, Jazzletter Nr. 12, 2005

„In Memoriam“, Jimmy T. Schmid, Jazzletter Nr. 38, 2017

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Zusammengestellt von Thomas Schärer