Audio

Originalaufnahme von "Ridin' High"
(Berlin, 21.04.1937 - 22019 - Telefunken A 2199)

Teddy Stauffer mit seinen Original Teddies:
Harry Herzog, Carl Hohenberger, Max Mussigbrodt (tp) Walter Dobschinski (tb,arr), Erich Boehme, Albert Wollenhaupt (tb), Bertalan Bujka (cl,as,ts,vln), Ernst Höllerhagen (sop,cl), Teddy Stauffer (saxes,vln,ldr), Franz Thomas (as,bar), Teddy Kleindin, Helmuth Friedrich (ts,cl), Jack Trommer (p), Hans "Buddy" Bertinat (2nd p,vln), Billy Toffel (g,vcl), Andre Schuster (b), Paul "Polly" Guggisberg (d)

Originalaufnahme von "Swingtime in the Rockies"
(Berlin, 14.10.1936 - 21458 - Telefunken A 2070)

Teddy Stauffer mit seinen Original Teddies:
Bob Huber, Rudi Dumont, Kurt Hohenberger (tp), Walter Dobschinski (tb,arr), Erhard Krause, Walter Bierott (tb), Bertalan Bujka (cl,as,vln), Franz Thon (as,bar,cl), Paul Linder (ts,as), Helmuth Friedrich (ts,cl), Teddy Stauffer(ts,vln,ldr), Richard Franke (bar), Jack Trommer (p), Hans "Buddy" Bertinat (2nd p,vln,accor), Billy Toffel (g,vcl), André Schuster (b), Paul "Polly" Guggisberg (d), Eric Helgar (vcl)

Video

Teddy Stauffer erzählt von seiner Zeit in Berlin 1936 und spielt "Swingtime in the Rockies" mit Charly Tabor's Ballroom Orchestra (1983)

Teddy Stauffer, * 2. Mai 1909 in Murten, Schweiz; † 27. August 1991 in Acapulco, Mexiko

Archivdaten von Teddy Stauffer >>>

„Teddy Stauffer, welcher nach hier zirkulierenden Gerüchten schon tot gesagt, im Gefängnis sitzend oder vom Militär verfolgt war, betreibt in Wirklichkeit aber in Mexico City das eleganteste Dancing Zentralamerikas. Wir sehen den sagenumwobenen Schweizer Adonis hier mit Nora Eddington, der neu angetrauten Gattin des Filmschauspielers Errol Flynn.“

(Bildlegende aus einem Magazin, Name unbekannt)

Besuch bei Teddy Stauffer

„Wer ist dieser Teddy Stauffer? Hunderte, denen man in den Gassen Berns diese Frage stellte, würden ihn kennen. Vor genau 50 Jahren in unserer Stadt geboren und aufgewachsen (Anmerkung: Falsch, ist in Murten geboren), Besuch des Gymnasiums bis in die Quarta, Lehrzeit bei der Volksbank Bern, begeisterter Fussballer bei den YB-Junioren. Dann plötzlicher Szenenwechsel: Musiker aus Berufung, Dirigent und Gründer des bekannten Tanzorchesters vor 20 Jahren mit der damals grössten Besetzung von 19 Mann. Er pendelt zwischen den Palace Hotels von St. Moritz, Berlin und London hin und her; jung und alt summt seine Melodie:

"Margritli, i lieb di vo Härze, mit Schmärze..." (Auschnitt aus dem Film „S’Margritli und d‘Soldate“, 1940, mit Teddy Stauffer und seinen Original Teddies und den Geschwistern Schmid)

Dann wieder Szenenwechsel: Neues Wirkungsfeld in Uebersee.

Acapulco, die Perle Mexicos am Stillen Ozean, einer der schönsten Flecken der Erde, wird seine zweite Heimat. Da, wo die Brandung an schroffen Felsen zerschellt und der weisse Gischt bis 10 Meter hoch aufspritzt, wo aus einer Höhe von 30 Metern tollkühne Springer sich in die tosenden Wellen stürzen, hier, im exklusivsten Nachtklub Lateinamerikas, lebt Teddy Stauffer heute.

Vor allem ist er Hotelier und Restaurateur, und kein schlechter. Er wird von der Konkurrenz als führender Mann von ganz Acapulco anerkannt. Das will etwas heissen. Acapulco, vor zehn Jahren noch ein Fischerdorf, weist heute 10‘000 Hotelbetten auf, und weitere 10‘000 sind geplant oder bereits im Entstehen.

Teddy Stauffer führt mich in seinem „air-conditioned“ gekühlten 30-Pferder in sein Heim. „Chesa Veglia“ steht an der Haustüre, und oben, in seinem Appartement, hängen zwischen Butzenscheibchen und Berner Wappen Bilder mit Schweizer Bergen, von ihm selbst aus dem Gedächtnis gemalt – alle ausnahmslos tief verschneit. Das sieht sich bei der herrschenden Novemberhitze, wo Shorts und kurzes Hemd fast noch zu viel sind, etwas seltsam an. Seine Mussestunden verbringt Teddy Stauffer nicht nur mit der Palette, auch bei einem besonderen Sport, beim Fischfang im Meer, was zuweilen mit den schweren Schwertfischen harte Kämpfe absetzt. Sein neustes Hobby ist das Bauen von Bungalows in einem luxuriösen und apart schönen Stil. Jedes Haus hat seinen eigenen Charakter mit entsprechendem Namen und ist in einem üppigen, tropischen Park gelegen. Für einige Zeit hätte ich mich hier mit grösstem Vergnügen einquartiert. Leider wird aber der glatzköpfige Yul Brynner in den nächsten zwei Monaten den mir so gut in den Rücken passenden Liegestuhl benützen.“

(Werner Wymann, Der Bund, Nr. 502, Abendausgabe, 24. November 1959)

Unser Mann in Acapulco (40er bis 90er Jahre)

„Teddy Stauffer, 1909 in Murten geboren und als Sohn eines Weibels im Bundeshaus in Bern aufgewachsen, hat es in einer der seltsamsten Karrieren zum heutigen Ehrentitel „Mister Acapulco“ gebracht.

„Einer der grössten Enttäuschungen meines Lebens ereignete sich“, so erzählte mir Teddy Stauffer, „bereits im Alter von 9 Jahren, als ich unter dem Christbaum anstelle von dringend erwünschten Fussballschuhen, mit welchen ich im Kreis der Allerjüngsten auf dem Platz der berühmten „Young Boys“ spielen wollte, von meinem Vater eine Geige geschenkt erhielt und ausserdem „verurteilt“ wurde, nun endlich in Form von Musikunterricht etwas Gescheiteres zu tun als das blöde Stüpfen des runden Leders!“

Dass dieses strikte Kommando seines Vaters goldene Früchte getragen hat dürfte allgemein bekannt sein: Denn wer von den vielen Leuten hätte niemals vom seinerzeit berühmtesten Orchester weit und breit vernommen, dem bis zu 16 Mann starken „Original-Teddys“, welches unter anderem auch in Skandinavien, Berlin, London oder unter vielen anderen auch 1939 an der Schweizerischen Landesausstellung spielte und die begeisterten Zuhörer mit Swing, Jazz und weiteren beliebten Melodien beglückte.

Zwischen jenen Jahren und heute liegt, besonders für Teddy, wie er sagt, eine lange Zeit, eine grosse, weite Welt und unermessliche „Auf und Ab“. Dies nicht nur in Bezug auf geschäftliche und finanzielle Erfolge, sonders besonders auch was die Liebe anbelangt – hat er doch, nebst einer ganzen Reihe von Liebschaften, nicht weniger als fünf Ehen mit zum Teil weltberühmten Frauen – unter anderem dem weltweit bekannten Filmstar Hedy Lamarr als Nummer Zwei – mit „Bravour“ überstanden.“

(Werner Wymann, Original-Artikel für „Der Bund“, Veröffentlichungsdatum unbekannt)

Teddy Stauffer in Berlin (30er Jahre)

„Zu sehr hatte sich eine gutsituierte Berliner Gesellschaft an die neuen Tänze gewöhnt, zu gross war die neue Faszination für den Swing, als dass diese Musik in der Metropole hätte unterbunden werden können. Und Berlin als zukünftige Hauptstadt des neuen Europas musste ein internationales Pflaster bleiben.

Für deutsches Blut war es allerdings ungehörig „judäobolschewistische Niggermusik“ zu spielen, und die tatsächlich vielen jüdischen Musiker – das bekannteste Beispiel ist die Formation der Weintraubs („Ich wollt, ich wär ein Huhn“) – mussten fliehen. Ein gutes Jazzorchester, dessen Chef geballten arischen Charme ausströmte, ohne Deutscher zu sein, der bei Bedarf genügend elastisch war, zwischen der Eigenkomposition „Goody-Goody“ und zwischen „Bei mir bist du schön“ auch einmal das Horst-Wessel-Lied anzustimmen, wurde Mangelware. Der blonde Hüne Stauffer hatte in der Zwischenzeit seine Saxophon- und Geigenpartituren Berufenen überlassen, um mit dem Dirigentenstab zur überragenden Persönlichkeit und Identifikationsfigur des Orchesters zu avancieren. Er selber nannte sich nun mit Vornamen Teddy, und die Musiker wurden zu seinen Original Teddies. Diese Formel brachte Erfolg.

Zu einem Riesenerfolg wurden insbesondere die Schallplattenaufnahmen mit der deutschen Telefunken, die Stauffer in die Wege leiten konnte. Den Sommer verbrachte das Orchester nun meist in den besten Berliner Etablissements, den Winter dagegen in Bad Ragaz, St. Moritz oder Arosa vor meist illustrem Publikum, heute würden wir vom Jet-Set sprechen.

Es war für Hans Huber, den Verantwortlichen für den „Palais des Attractions“ an der Landi in Zürich geradezu ein Muss, den internationalen Swing Star Teddy Stauffer und sein Orchester nebst den Basler Lanigiros – Fred Böhler, die dritte wichtige Schweizer Jazzfigur jener Zeit, war Dauergast im Modepavillon – in seinem Programm zu haben; dies ganz besonders, da das Engagement der amerikanischen Topformation Jimmie Luncefords offensichtlich daran scheiterte, dass der Arbeitsausschuss der Landesaustellung dieses als „Negerorchester“ geringschätzte. War also auch hier der Arier Stauffer das kleinere Übel?

Die Geister scheiden sich noch heute, warum er, nun auf dem Gipfel seiner Popularität und bei glänzendem Geschäftsgang seiner Band, die wenig später weiterhin unter seinem Namen gar Gala-Abende zusammen mit Ansermets berühmtem Sinfonieorchester bestreiten sollte, im Frühjahr 1941 die Schweiz verliess, mit dem ungewissen Ziel USA. Angst vor dem Krieg, sagen die einen, Frauengeschichten die anderen: Der Traum von Hollywood, wie es in seiner frühen Jugend der Traum von Berlin gewesen war, scheint mir aber der wichtigste Grund gewesen zu sein.

Der Berner ist heute nicht in cinematografischen Lexiken zu finden, sondern als Besitzer eines Hotelkomplexes in Acapulco. Für ersteres waren ihm seit dem Kriegseintritt der USA die vielen Hakenkreuze in seinem Schweizerpass im Wege, ein Sternenbanner für eine Aufenthaltsbewilligung wollte sich nicht dazugesellen. So beschreibt es wenigstens Stauffer oder wer auch immer seine 1968 verfasste in Berlin erschienene Autobiographie verfasst hat.“

(Theo Mäusli, Die Weltwoche, Nr. 47, 22. November 1990)

„In Europa machte der Zweite Weltkrieg seinem Orchester ein Ende, als er zur möglichen Weltkarriere nach den USA aufbrechen wollte. In Amerika erhielt Teddy keine Arbeitsbewilligung, in Mexico tricksten ihn immer wieder kaltschnäuzige Partner aus: „Ich war halt immer ein blöder, anständiger Schweizer und nie ein gerissener Geschäftsmann.“

Nach aussen markiert er – fünf Ehen, fünf Scheidungen, eine 17jährige Tochter – hartnäckig den Sonnyboy, umgibt sich mit attraktiven Mädchen, lässt sich mit der Prominenz abphotographieren und reist vorzugsweise mit dem Tennisschläger unter dem Arm herum. Nach wie vor ist „Signor Teddy“ aktiv. Heute leitet er an der Costera Miguel Aleman, Acapulcos Hauptstrasse, ein Restaurant, das seinen Namen trägt, die Discothek „UBQ“ und einen „Beach Club“.

Wenn er indes, was selten vorkommt, in seinem Wohn-Schlaf-Arbeitszimmer mit Blick auf Acapulcos immer höher werdende Hotelwolkenkratzer eine verkratzte Platte der „Original Teddies“ auflegt und dazu selbstvergessen mit der rechten Hand dirigiert, meint er resigniert: „Das war meine beste Zeit. Heute diese Musik anzuhören stimmt mich traurig.““

(Kurt Ulrich, Schweizer Familie, Nr. 30, 26./27.Juli 1980)

„Teddy Stauffer starb verarmt in Mexico“

„ACAPULCO (Mexico) – Der Schweizer König des Swing ist tot: Mit 82 Jahren ist der weltberühmte Ex-Bandleader Teddy Stauffer am Dienstag in Acapulco gestorben – einsam und arm wie eine Kirchenmaus.

Mit Melodien wie „Goody Goody“ versetzte der Berner mit seinen „Original Teddies“ in den 30er Jahren halb Europa in einen Tanzrausch.

Als umschwärmtem Playboy gelang ihm eine zweite Karriere als Hotelunternehmer im mexikanischen Traumort Acapulco, zu dessen Entdeckern er gehörte. Doch mit den Jahren schmolzen Teddys Millionen wie Butter an der Tropensonne.  

Ob „Mister Acapulcos“ letzter Wille in Erfüllung geht, ist noch unklar: „Wenn ich tot bin, soll meine Asche über den Felsen von Quebrada ausgestreut werden.“, hatte Teddy verfügt.

Eines aber ist sicher: Für Teddy Stauffer wird in Acapulco ein Denkmal errichtet. Dafür machen sich die „Friends of Acapulco“ – drei Dutzend reiche Amerikaner – stark. Die hatten Teddy Stauffer in den letzten Jahren auch finanziell unter die Arme gegriffen.“

(Leo Lüthy, Blick, 29. August 1991)                                                            

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Weiterführende Texte

"Eine Schweizerband auf Erfolgskurs“ von Jimmy T. Schmid im Jazzletter Nr. 17, 2007 

Bücher bei uns im Shop erhältlich

„Es war und ist ein herrliches Leben“, Teddy Stauffer

„Delphi, Berlin. Teddy Stauffer 1936 – 1939“, Fritz Hirzel

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Zusammengestellt von Thomas Schärer